Der Kongress „Fair von Anfang an!“ brachte am Montag, 8. April 2019 rund 350 Profis aus dem pädagogischen Bereich zusammen: berufserfahrene Erzieherinnen und Erzieher, Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung, Studierende des Bachelorstudiengangs Frühkindliche Bildung und Dozentinnen und Dozenten von Fachschulen für Sozialpädagogik.
2018 konnte Baden-Württemberg 496.154 Kita-Plätze für die Betreuung von Kindern (bis 12 Jahre) zur Verfügung stellen und 105.296 Personen arbeiteten in diesem Bereich. Kindertagesstätten sind damit ein relevantes Handlungsfeld, um für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Dies kann durch Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), Globales Lernen oder Vermittlung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG, Sustainable Development Goals) geschehen.
In diesem Sinne richtete der Kongress seine Themen aus:
- der Beitrag der frühkindlichen Bildung zur Umsetzung des SDG 4 Hochwertige Bildung,
- Methoden und Themen des Globalen Lernens für Kinder bis 10 Jahre
- Kindergärten und Kindertagesstätten als ganzheitliches System, das in Elternarbeit, frühkindlicher Pädagogik und dem Umfeld der Einrichtung in der Kommune verschiedene Ebenen und Ansatzpunkte hat.
Viele Teilnehmende sahen den gravierenden Fachkräftemangel nicht als Hinderungsgrund, sich in der Arbeit der Kita global zu orientieren. Denn Globales Lernen lässt sich sehr gut in den Alltag der Kindertagesstätten integrieren. Ob beim Müll, der Wassernutzung oder bei der Ernährung – der Mikrokosmos Kindergarten kann gelebte Nachhaltigkeit werden. Dabei unterstützen die Neugier der Kinder und die kulturelle Diversität unter den Kindern wie auch dem Personal.
Diskussion und ein intensiver gegenseitiger Austausch darüber, welche Methoden, welche Kinderbücher, welche Lieder und Projekte im Sinne des Globalen Lernens eingesetzt werden können, bestimmten das Bild des Kongresses. Als Bedarf auch klar formuliert: Mehr Austausch und Zugang zu Fachmaterialien, Fachtage und Fortbildungen mit Zertifikat.
Einig waren sich die Teilnehmenden darin: Die Kinder selbst können nicht „retten“, was die Erwachsenen in Politik und Wirtschaft versäumen. Kinder müssen aber stark gemacht werden, damit sie den Herausforderungen, die auf sie zukommen werden, aktiv begegnen können. „Sie bekommen ohnehin vieles mit, zum Beispiel die ausgetrockneten Flüsse im vergangenen Sommer“, so Susanne Schubert von Innowego eG aus Bonn, „und sie sollten nicht in Watte gepackt werden. Erzieherinnen und Erzieher müssen aber kompetent mit den Fragen der Kinder umgehen können“.
Bildung für nachhaltige Entwicklung berücksichtigt, dass die Freiräume der Kinder besonders zu schützen sind. Es ist wichtig, dass sie selbst entdecken, was sich besser, nachhaltiger machen lässt, damit sie Selbstwirksamkeit durch Erfahrung kennenlernen. Katastrophenpädagogik ist out, das war ein klares Fazit auf dem Kongress.
Kinder und Erwachsene benötigen einen langen Atem. „Das wird belohnt“, betonte Karin Wirnsberger von kikuna e.V.. Sie hatte im Vorreiterkindergarten von Bollingen, der ersten zertifizierten Fairen Kita in Baden-Württemberg, vor 15 Jahren angefangen hat, Bildung für Nachhaltige Entwicklung zu integrieren und kann jetzt berichten: „Gerade sind die Kinder von damals dabei, ein Faires Jugendhaus zu gründen!“
Dass die frühkindliche Bildung in manchem weiter ist als die schulische Bildung stellt Dietmar Böhm, Ko-Direktor an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Stuttgart fest. „Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist Querschnittsaufgabe im Orientierungsplan für Bildung und Erziehung und dadurch in allen Fächern und Handlungsfeldern verankert, es kann sogar Prüfungsaufgabe werden“. Seine Fachschule macht seit zehn Jahren jährlich ein großes Projekt in den Eingangsklassen, zu Kinderarbeit, Kinderrechten, Fairem Handel. Integriert ist dieses Projekt in die Fächer Deutsch, Erziehungswissenschaften, Kinderliteratur und Spiel.
Durchgeführt wurde der Tageskongress von einem Trägerkreis aus Kirchen, Zivilgesellschaft, Ausbildungsstätten und Staat, darunter die Evangelische Landeskirche Württemberg und die Diözese Rottenburg-Stuttgart, das Entwicklungspädagogische Informationszentrums EPiZ und kikuna e.V., die Evangelischen Fachschulen für Sozialpädagogik und die Außenstelle Baden-Württemberg, Bayern von Engagement Global im Rahmen des Programms Entwicklungsbezogene Bildung in Deutschland (EBD).