Vor welchen Herausforderungen steht die Textilindustrie? Welche Ansätze zur Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards gibt es bereits? Wie wirken sich Veränderungen unserer Konsummuster und Produktionsweisen auf die Erreichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung aus? Diesen und weiteren Fragen widmet sich die Ringvorlesung 2019 zum Thema „SDGs konkret – Nachhaltigkeit in der Textil- und Bekleidungsbranche“, die am Montag, 4. November 2019, in der Repräsentanz der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Berlin eröffnet wurde.
Den Anfang machte Gunther Beger, Abteilungsleiter für Grundsatzfragen Wirtschaft, Handel, ländliche Entwicklung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In seiner Rede erinnerte er an den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013, bei dem über 1100 Menschen ums Leben kamen, und betonte, wie wichtig die Forderung nach einer gerechten Globalisierung sei. In diesem Zusammenhang stellte er das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf vor, das gemeinsam von BMZ und GIZ entwickelt und im September 2019 eingeführt wurde. Um das Siegel zu erhalten, müssen Unternehmen gewisse Sozial- und Umweltkriterien erfüllen und sich einer unabhängigen Prüfung unterziehen.
Liza Sander, Dozentin für Nachhaltigkeit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, und Rolf Heimann, Vorstand der hessnatur Stiftung, widmeten sich mit ihren Vorträgen anschließend dem Thema der ersten Vorlesung der Reihe: „Die Rohstoffgewinnung in der Textilindustrie: Raum für Nachhaltigkeit“.
Liza Sander zeigte beispielsweise die globalen Produkt- und Lieferketten auf, die hinter den Textilien stehen, die in Deutschland gekauft werden. Rohstoffe würden unter ausbeuterischen Bedingungen gewonnen werden und nicht selten würden Textilien einen Weg von Westafrika über den Nahen Osten, China und Südostasien bis nach Europa zurücklegen, erklärte sie. Liza Sander hob außerdem hervor, dass nur ein sehr geringer Teil unserer Kleidung wiederverwertet werden könne, da die meisten Textilien aus unterschiedlichen Materialien bestünden, die nur schwer zu trennen seien. Nur etwa ein Prozent der Altkleider werden weltweit zu neuer Kleidung recycelt, wohingegen 73 Prozent verbrannt werden.
Gemeinsam mit den rund 100 Teilnehmenden diskutierten die Vortragenden im Anschluss unter anderem darüber, wie sich Ziel 12 (Nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster) der Agenda 2030 in Bezug auf die Textil- und Kleidungsbranche weltweit umsetzen lässt. Rolf Heimann wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es wichtig sei, die Ressourcen in einen Kreislauf zu bringen – Materialien und Produkte also so lange wie möglich wiederzuverwenden, aufzuarbeiten und zu recyceln. Liza Sander betonte wiederum, dass insgesamt das eigene Konsumverhalten häufiger hinterfragt werden sollte.