Sport fördert Toleranz und Respekt, stärkt die Selbstbestimmung des Einzelnen und den Zusammenhalt von Gemeinschaften. Damit leistet er einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030. Vor diesem Hintergrund organisieren das Programm „Entwicklungsbezogene Bildung in Deutschland“ (EBD) von Engagement Global und das Institut für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln im November 2019 erneut gemeinsame Themenwochen.
Unter dem Motto „Sport.Global.Nachhaltig.“ gehen Studierende und externe Interessierte in institutsübergreifenden Seminaren und Workshops gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Frage nach, welchen Beitrag der Sport leisten kann, wenn es darum geht, Ungleichheiten zu verringern.
Zum Auftakt am 29. Oktober 2019 hatte Manfred Belle vom Eine Welt Netz NRW eine Einführung zu den 17 Zielen für Nachhaltige Entwicklung gegeben. Um Nachhaltigkeit im Profifußball ging es im Seminar mit Jens Bräunig vom VFB Stuttgart, der erläuterte wie der Verein in den vergangenen Jahren auf eine nachhaltigere Produktion im Merchandising umgestellt hat. Bräunig berichtete, dass ihn insbesondere Erfahrungen in Ländern des Globalen Südens zu dem Entschluss gebracht hätten, dass auch der Profisport seiner Verantwortung gegenüber Umwelt, Mitmenschen und zukünftigen Generationen gerecht werden müsse. Aufklärung und Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitszertifikate seien dabei von zentraler Bedeutung.
Ein Highlight der Themenwochen fand am vergangenen Mittwoch, 13. November 2019, im großen Hörsaal mit rund 150 Studierenden statt: Unter der Moderation von Prof. Dr. Jürgen Mittag von der DSHS diskutierten Anne Rehner vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Dr. Gisela Burckhardt, Gründerin und Vorstandvorsitzende von FEMNET e.V., sowie der mit der Leitung und Koordination des gesellschaftspolitischen Engagements der TSG Hoffenheim beauftragte Stefan Wagner über Nachhaltigkeit in der Produktion von Sportartikeln.
„Im vergangen Jahr wurden mit Sportbekleidungsartikeln weltweit 174 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist die Hälfte von dem was die mächtige Automobilindustrie schafft“, sagte Prof. Dr. Jürgen Mittag eingangs und verdeutlichte damit die Tragweite des Themas. Anne Rehner betonte, dass dann nachhaltig gestaltet werden könne, wenn sich Staat, Unternehmen und Zivilgesellschaft gleichermaßen engagieren. Die Bundesregierung appelliere demnach an die in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen festgelegte Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Das BMZ habe mit dem Grünen Knopf kürzlich zudem ein staatliches Siegel geschaffen, das nicht nur die Nachhaltigkeit von Textilprodukten, sondern auch die der gesamten Unternehmen in der Lieferkette prüfe.
Frau Dr. Burckhardt mahnte an, dass es nicht ausreichend sei, wenn der Staat auf freiwillige Maßnahmen der Unternehmen setze. So würden sich namenhafte Sportartikelhersteller schlichtweg weigern, bei der Bundesinitiative für existenzsicherende Löhne mitzumachen, der Einsatz von gesundheitsschädigenden Chemikalien sei nach wie vor an der Tagesordnung und insbesondere Näherinnen wären an ihrem Arbeitsplatz regelmäßig mit Diskriminierung und Gewalt konfrontiert.
Bei Sportvereinen, insbesondere Fußball-Bundesligisten, sei es schwierig, beim Thema Nachhaltigkeit voranzukommen, berichtete Stefan Wagner, Experte für Corporate Social Responsibility (CSR) bei TSG 1899 Hoffenheim: „Sport ist Wettbewerb in Reinkultur.“ Auf Nachhaltigkeit abzielende Maßnahmen ließen sich hier nur dann umsetzen, wenn nicht die Wettbewerbsfähigkeit einzelner eingeschränkt werde. Wichtig sei der Rückhalt des obersten Managements. Da dies im Falle der TSG Hoffenheim gegeben sei, konnte man im Verbund mit dem BMZ und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Uganda ein Cotton Made in Africa zertifiziertes Textilunternehmen aufbauen. Dies zeige hoffentlich nicht zuletzt auch anderen Sportvereinen, dass es grundsätzlich möglich sei, Textilien nachhaltig produzieren zu lassen.