Der Bergbau als globaler Wirtschaftssektor – das war der Fokus der entwicklungspolitischen Thementour durch den ländlichen Raum Mitteldeutschlands 2020.
Die Thementour fand in der Woche vom 29. September bis 2. Oktober 2020 in Suhl, Kamsdorf bei Pößneck, Wettelrode bei Sangerhausen und Bad Suderode bei Quedlinburg statt. Durchgeführt wurde sie von Engagement Global, den entwicklungspolitischen Landenetzwerken Mitteldeutschlands und deren Mitgliedsorganisationen.
Ziel der Veranstaltungsreihe war es, durch die Gegenüberstellung des Bergbaus in Mitteldeutschland und im Globalen Süden eine erste Sensibilisierung für entwicklungspolitische Themen zu erreichen, Interesse für entwicklungspolitisches Handeln zu wecken und Ideen für eigene Handlungsoptionen aufzuzeigen. In Süd wie Nord.
Die Referenten Sascha Cornejo-Puschner und Mauricio Pereyra brachten die Erfahrungen chilenischer und bolivianischer Bergarbeitenden in die Thementour ein und tauschten sich mit lokalen Experten von Bergbauvereinen und Bergwerksmuseen aus Mitteldeutschland aus. Mit dem Publikum diskutierten sie zudem über Aspekte des globalen Wirtschaftens im Bereich Rohstoffe und Bergbau. Anhand des Kupferbergbaus wurden Hintergründe globaler Wirtschaftslieferketten aufgezeigt.
Der Bergbau hat in Mitteldeutschland unter anderem weite Landschaften, aber auch die Entwicklung von Wirtschaft, Handwerk und Industrie über Jahrhunderte geprägt. Heute sind viele Lagerstätten von Kupfer, Silber und Eisen in der Region erschöpft oder nicht mehr rentabel. Andere Länder, wie beispielsweise Chile und Bolivien, versorgen die Welt mittlerweile mit den dringend benötigten Rohstoffen. Was verbindet die Kumpel in Mitteldeutschland mit den Bergarbeitenden, die etwa in Chile in riesigen Kupferminen arbeiten? Ähneln sich Arbeitsbedingungen, sozialer Status und der Blick auf die Auswirkungen des Bergbaus auf die Umwelt? Welche Auswirkungen hat unser Handeln hier vor Ort und weltweit? Das sind nur einige Fragen, über die während der Thementour gesprochen wurde.
„Bergarbeiter zu werden, bedeutete nach dem Zweiten Weltkrieg bei uns im Mansfelder Land schwere Arbeit“, erzählte beispielsweise Thomas Wäsche, Chef des Besucherwerks in Wettelrode. „Die Menschen nahmen das und die Gesundheitsrisiken, wie die Staublunge, aber in Kauf. Die Arbeit war gut bezahlt, und damit konnten die Bergleute für ihre Familien bescheidenen Wohlstand aufbauen.“
Diese Motivation treibt auch Bergarbeitende in Bolivien an. „Sie geben ihre Lungen für die Familien und das Land“, sagte Mauricio Pereya. In seinem Heimatland gehören Bergarbeitende zwar zur ärmeren Bevölkerungsschicht, sie sind aber auch die treibende Kraft sozialer Bewegungen, die sich für bessere Lebensbedingungen für alle einsetzen.
Im Nachbarland Chile ist die Stellung der Bergarbeitenden eine bessere. Die Arbeitsplätze sind aufgrund der guten Bezahlung heiß begehrt. Konflikte gibt es um die Abbaugebiete und Wasser, zum Beispiel in der Atacama-Wüste. Die Territorien gehören den „pueoblos originales“, also den Familien und Gemeinschaften der Ureinwohner. Der Kupferbergbau und die Aufbereitung des Metalls verbrauchen Unmengen von Wasser. Eine Ressource, die in der Wüste ohnehin schon knapp ist. „Wenn der Bergbau dieses Wasser abzieht, werden empfindliche Ökosysteme zerstört. Und deren Schutz liegt vor allem den Indigenen am Herzen, die sich immer noch mit den Gebieten, aus denen sie stammen, verbunden fühlen, selbst, wenn sie schon lange in chilenischen Städten wohnen“, erklärte Anthropologe Sascha Conejo-Puschner.
Das Angebot traf an allen vier Veranstaltungsorten auf interessiertes Publikum, das auch eigene Erfahrungen in die Diskussion einbrachte.